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Müdigkeit tritt gehäuft auf, unabhängig von Stimmungslage!

Email-Kontakt zwischen Prof. Thiel und Christiane Geuer Juli 2008 – Januar 2009

Frau Christiane Geuer (Vorstand Interessengemeinschaft Nierenlebendspende e. V.) hat im Zeitraum Juli 2008 bis Januar 2009 bei Ihrer Recherche nach den Ursachen der Müdigkeit nach ihrer Nierenlebendspende eine Email-Korrespondenz mit Herrn Prof. Gilbert Thiel (Universitätsspital Basel) geführt. Hieraus zitieren wir an dieser Stelle. Frau Geuer ist bereit die Echtheit der Zitate aus dieser Korrespondenz unter Eid zu bestätigen.

Thiel: „Sie sind keineswegs die einzige, die nach Spende Schmerzen spürt und über Müdigkeit klagt. Ich habe lange geglaubt, dass Müdigkeit nach Spende Ausdruck einer latent depressiven Verstimmung sei, gelange aber immer mehr zum Eindruck, dass Müdigkeit kein psychisches Phänomen ist. Ich versuche dies zu quantifizieren, was schwierig ist. Ihre Beschreibung ist sehr klar.“

Thiel: „Wie ich Ihnen im Sommer schrieb, war ich früher überzeugt, dass Müdigkeit bei Nieren-Lebendspendern mit depressiver Verstimmung oder mindestens latenter Depression zu tun habe. Meine Mitarbeiterin (Name gestrichen) kam bei Eingabe der Antworten von Nierenspendern in die Datei (des SOL-DHR) aber zum Schluss, dass Müdigkeit gehäuft auftrete unabhängig von depressiver Stimmungslage. Das passt gut zu dem, was Sie selber bei sich beobachten.“

Thiel: „Das von Ihnen beschriebene Phänomen ist also keineswegs unbekannt…“

Thiel: „Über den genauen Mechanismus der Müdigkeit ist, wie so oft in der Medizin, nichts Sicheres bekannt. Ob die durch Spende eingeschränkte Nierenfunktion dafür allein verantwortlich ist, lässt sich nicht sicher sagen. Ich kenne viele Nierenpatienten mit reduzierter Nierenfunktion (stärker reduziert als nach Nierenspende üblicherweise beobachtet), die sich überhaupt nicht über Müdigkeit beklagen. Sie fragen mich nach der Grenze der Nierenfunktions-Einschränkung, welche solche Müdigkeit auslösen könnte. Eine allgemein gültige Grenze gibt es nicht. Die individuellen Unterschiede sind zu groß. Durch die Entfernung einer Niere wird die Nieren-Funktion nicht halbiert, sondern nimmt nur um rund 30% ab. Das kann individuell durchaus genügen um Müdigkeit zu erzeugen, wie die Erfahrung zeigt, sowohl in der erwähnten Studie aus Rotterdam, als auch jene im Schweizer Lebendspender-Register (SOL-DHR).“

Thiel: „Sie haben Recht, dass potentielle Spender bisher nicht auf das Problem der Müdigkeit als mögliche Folge der Nierenspende aufmerksam gemacht werden. Das liegt nicht daran, dass Ärzte diese Folge verheimlichen wollen, um den Nierenmangel mit Lebendspenden zu umgehen. Hauptgrund ist, dass dieses Symptom nicht erkannt, bzw. anerkannt, bzw. bekannt ist. Den Artikel aus Rotterdam kennen die wenigsten. Ihre wohl beschriebene Beobachtung motiviert mich und meine Mitarbeiterin (Name gestrichen) diesem Problem ein besonderes Interesse zu widmen. In erster Linie müssen wir es quantifizieren. Wie viele sind es, die nach Spende auffällig müde sind und wie ist der Verlauf. Womit korreliert die Müdigkeit? Ist es die Nierenfunktion? Wir sind erst dabei, das Problem gebührend aufzuarbeiten. Dann werden wir die Gefahr der Müdigkeit in die schriftlichen Informationsunterlagen für potentielle Spender einbringen. Meine Mitarbeiterin (Name gestrichen) wird auch das Thema, bzw. die Ergebnisse aus dem SOL-DHR Ende Januar den Schweizer Transplantations-KoordinatorInnen unterbreiten.“
Leider ist Herr Prof. Thiel am 09. Januar 2012 verstorben. Er hätte sicher zur weiteren Klärung des tatsächlichen Umfangs und der tatsächlichen Ursachen der Müdigkeitsproblematik nach Nierenlebendspende beitragen können. Mit ihm starb leider einer der wenigen Transplantationsmediziner, denen die Lebendspender ein wirkliches Anliegen sind. Den Berichten von Schweizer Spendern nach bleibt es sehr fraglich, ob die nachfolgenden Ärzte ein ähnlich ehrliches Interesse an ihnen haben, wie es Prof. Thiel hatte. Ein großer Verlust für alle Nierenlebendspender!

Prof. Thiel gründete 1993 das Schweizerische Organ-Lebendspender-Gesundheits-Register SOL-DHR (Swiss Organ Living-Donor Health Registry. Hier geht es zu dem brisanten SOL-DHR Bericht von 2011, der nicht veröffentlicht wurde, da mit Prof. Thiel eine starke Kraft, die zur Aufklärung der „Müdigkeit“ in Folge der Nierenlebendspende beigetragen hätte, verstarb.

Die 1979 geborene Christiane Geuer spendete ihrer Mutter 2007 am Universitätsklinikum Düssseldorf eine Niere. In Folge des Nierenverlustes kam es bei Christiane Geuer zu langanhaltenden Erschöpfungserscheinungen, die auch Jahre nach der Spende andauern. Für die gelernete Fluglotsin und begeisterte Sportlerin eine Katastrophe. Ihre Recherchen zum Zusammanhang der Erschöpfungserscheinungen, die auch als „Fatigue-Syndrom“ nach Nierenlebendspende bezeichnet werden, bilden die Grundlage für ihre inzwischen erfolgreiche Klage (Oberlandesgericht Düsseldorf AZ I-8 U 115/12) gegen die Klinik wegen Aufklärungsmängel.

Auch die Gründung der „Interessengemeinschaft Nierenlebendspende e. V.“ Ende 2011 auf Initiative von Ralf Zietz, basiert auf der erschütternden Erkenntnis, dass die dauerhafte Müdigkeit bis hin zur Erschöpfung im Sinne eines Fatigue-Syndroms in der medizinischen Fachwelt seit Jahren bekannt ist.

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