Scroll Top

Neuregelungen zur Lebendorganspende –
aus Sicht des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK)

Artikel kaufen

R. Freudenstein, Facharzt für Chirurgie, Sozialmedizin, Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg

Unsere Anmerkung:

Freudenstein bestätigt, dass ein Großteil der Nierenlebendspender eine herabgestzte Nierenfunktion hat, die als „nierenkrank“ definiert wird. Er benennt die Auffälligkeit der AQUA-Daten hinsichtlich des signifikanten Anstiegs des Blutdrucks innerhalb eines Jahres nach der Spende. Auch merkt er an, dass ab 2012 die Statistik zum Bluthochdruck nach zwei und drei Jahren aus den Aufzeichnungen des AQUA-Instituts verschwunden ist. Das Fatigue-Syndrom wird von ihm mit 5 % betroffener Nierenlebendspender eingeschätzt.

Nicht erwähnt wird von ihm der Umstand, dass das AQUA-Institut (Bundesfachgruppe Nieren- und Pankreastransplatation, Mitglieder u.a. Transplantationsmediziner) ab 2011 die Nierenfunktion des Spenders bei Entlassung nicht mehr statistisch erfasst. Ein Jahr nach der Spende, werden nur noch Nierenfunktionen von unter 30 ml/min (GFR) erfasst. Spender mit einer Nierenfunktion von unter 60 ml/min und über 30ml/min werden bewusst nicht aufgeführt. Das sind bis zu 45 % der Spender, die als moderat nierenkrank gelten und mit entsprechenden gesundheitlichen Folgen rechnen müssen.

Unsere Meinung:

Zusammen mit den entfallenen Aufzeichnungen für die Hypertonie nach zwei bzw. drei Jahren, darf davon ausgegangen werden, dass die im Ausschuss tätigen Ärzte die tatsächlichen Risken der Nierenlebendspende verschleiern oder sogar verbergen wollen.

Zusammenfassung:

Durch das Transplantationsänderungsgesetz wurden zum 01.08.2012 einerseits die Rechte lebender Organ- und Gewebespender gestärkt und Leistungsansprüche gegenüber der Kranken- und Unfallversicherung kodifiziert, andererseits jedoch im Detail neue gutachterliche Fragestellungen aufgeworfen: Nach Organlebendspende entsteht ein Leistungsfall der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn Gesundheitsschäden über „regelmäßig entstehende Beeinträchtigungen“ hinausgehen. Dabei schließt das Vorliegen eines Leistungsfalles der gesetzlichen Unfallversicherung die Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung aus. Eine eindeutige Operationalisierung dieses Abgrenzungskriteriums liegt bisher nicht vor. Auf Basis einer Literaturrecherche werden hier Schwellenwerte vorgeschlagen, deren Überschreitung ein Indiz für nicht mehr regelmäßig entstehende Beeinträchtigungen wäre.

Im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung für Lebendorganspender hat der Gesetzgeber ausdrücklich auch Leistungen zur Rehabilitation erwähnt. Da Lebendspenden nur zulässig sind, wenn durch sie i. d. R. keine langfristigen Beeinträchtigungen zu erwarten sind, wäre eine Rehabilitationsbedürftigkeit aber stets Ausdruck eines komplizierten Verlaufs. Dieser würde jeweils die Leistungszuständigkeit der gesetzlichen Unfallversicherung begründen. Die gesetzliche Vermutung eines Ursachenzusammenhangs bei Aus- oder Nachwirkungen der Spende könnte zu einer nicht ganz geringen Zahl von Leistungsfällen in der gesetzlichen Unfallversicherung führen – z. B. bei Bluthochdruck nach Nierenlebendspende. Hier ist in Zukunft mit anhaltenden Fachdiskussionen zu rechnen.

Privacy Preferences
When you visit our website, it may store information through your browser from specific services, usually in form of cookies. Here you can change your privacy preferences. Please note that blocking some types of cookies may impact your experience on our website and the services we offer.